Evas bunte Welt…
Letztens schnappte ich im Biergarten vom Nachbartisch einen Gesprächsschnipsel über Wallenstein auf. Die Wallensteinfestspiele, eines der Traditionsdinge für das Altdorf über die Stadtmauern bekannt ist, findet dieses Jahr wieder statt. Zwei alteingesessene Altdorfer diskutierten hitzig über das Volksstück. Meine Freundin, mit der ich im Biergarten saß, kommentierte dies, während sie ihre Stricknadel schwang, damit, es sei schon erstaunlich, dass es den Bürgern Altdorfs, die das wahrscheinlich zum 50ten Mal mitmachen, hierüber immer noch Gesprächsstoff liefere. Mir blieb dies hängen, weil ich seit geraumer Zeit über den Sinn von Vereinen nachdachte. Ein paar Tage später kam eine ebenfalls alteingesessene Altdorferin zu mir in den Laden, um Plakate für Wallenstein aufzuhängen. Den Rucksack vollgepackt kamen wir kurz ins Gespräch. Ich war erstaunt darüber, dass sie selbst den Boten spielte, und sprach sie darauf an. Mit einem leicht süffisanten Lächeln entgegnete sie mir, dass halt die jungen Leute in den Vereinen fehlten, da müsse sie selbst noch für diese Botengänge ran. Ich selbst bin Mitglied in Vereinen und engagiere mich für mehrere Projekte hier in Altdorf und weiß daher um die Herausforderung des Nachwuchses. Kürzlich postete der Wallensteinverein das 1000. Mitglied. Es scheint also doch weiter interessant zu bleiben, sich in das Gefüge der Gesellschaft mit einzubringen. Das freut mich sehr. Denn Gesellschaft ohne diese Vereine wäre vieles undenkbar und noch dazu unheimlich langweilig. Es erstaunt mich immer wieder, wenn Menschen – egal wer sie im Alltag sind – für ein Ziel brennen, zusammenkommen und Schönes aus dem Nichts kreieren! Wenn ich Freunden von außerhalb von Wallenstein erzähle, sind sie jedes Mal sichtlich begeistert darüber und finden uns schon auch ein wenig irre. Eine ganze Stadt baut fünf Wochenenden jeden Samstag das ganze Lagerleben auf und befördert das Stadtbild mit den Kostümen, den Darstellungen und der knisternden Stimmung ins Mittelalter und baut es dann jeden Sonntagabend wieder ab. Die ganzen Vorbereitungen hierfür mal ausgelassen. Ein Wahnsinns-Ding! Geschichte von früher kann so erhalten und mit dem Zeitgeist von heute verbunden und weitergetragen werden.
Mal den Blick weg von Wallenstein, haben wir in Altdorf (Stand 2024) 122 Vereine. Kein Wunder warum Altdorf immer beliebter, bunter und attraktiver wird. Kürzlich hatte der Landkreislauf im Nürnberger Land stattgefunden. An diesem jährlichen Event treten Vereine, Firmen, Schulkassen und viele mehr gegeneinander an. Im Staffellauf wird in Etappen von Entenberg bis nach Ezelsdorf gelaufen. Ein Team, wurde mir zugetragen, konnte nur antreten, weil sich ein Mitglied des Vereines zum 10 Läufer hat aufstellen lassen. Dies, obwohl er „lieber auf die Zugspitze laufen würde, als zu joggen“. Meiner Nachfrage, wieso er sich das antue, erwiderte er, „aus Liebe zum Verein. Einer für alle, alle für einen“. Was für eine Hingabe! Und das ist es glaube ich. Hingabe für den Verein. Mitglied eines Teams zu sein, sich mit seinen Talenten einzubringen, die Gruppe zu stärken aber auch als Teil der Gruppe geschätzt zu werden. Wir Menschen leben ja von dem Zugehörigkeitsgefühl. Das ist irgendwie tief in uns verankert. Beim Einen mehr, beim Einen weniger. Genau dieses Gefühl, irgendwo dazuzugehören, das noch mit Gleichgesinnten, lässt uns zu solchen Taten des Laufens, des Aufbaues und vielem anderen tätig werden. Vereine können ein Ort sein, indenen du Heimat findest, egal wer du im Alltagsleben bist. Im Verein ist das egal. Ich selbst bin hoch motiviert mich weiterhin in meiner geliebten Stadt Altdorf zu engagieren und andere dafür zu motivieren.
Achja, ich bin ja eigentlich nicht so die moderne Instagramerin, doch auch ich lasse mich ab und zu von dem technischen Zauber mitreißen. So schaute ich letztens ganze fünf Minuten sehr angetan einen Reel vom BR an, wie die Wombacher – ein Spessartdorf in Unterfranken– einen fast 500 Kiloschweren Kloß zum Weltrekord sieden wollten. Unglaubliche eineinhalb Jahre haben sie in die Planung gesteckt. Noch dazu gab es ein großes Fest wie der Kloß nach 12 Stunden fertig zum Verzehr war. Das hat mich sehr belustigt und inspiriert. Ich frage mich, was wir Altdorfer wohl zum Weltrekord bringen könnten. Als „Lese-Eva“ habe ich zuallererst daran gedacht, als Stadt einen Leserekord aufzustellen. Beim Guinnesss World Record gibt es davon schon zu viele. Wir brauchen was Neues. Naheliegend wäre bedingt der Festspiele etwas mit Wallenstein. Ich habe mal nachgeschaut, einen Weltrekord gibt es da noch nicht. Daher schlage ich mal einen vor: Lasst uns den längsten Wallensteinfestzug auf die Beine stellen. Was haltet ihr davon?
Ich freue mich auf alle Fälle auf die Wallensteinzeit und bin gespannt, was wir Altdorfer für einen Rekord aufstellen können. Fällt euch etwas ein?
Post Skriptum:
Den Auftakt am Samstag konnte ich leider nicht mitmachen. Ich war auf einer anderen Veranstaltung. Nach dieser saßen alle noch gemütlich im Kessel Altdorfs umgeben vom Marktplatz und der Neubaugasse zusammen. Ich entschied mich schweren Herzens nicht auf zwei Hochzeiten zu tanzen und einfach am Sonntag mit Wallenstein zu starten. Während eines anregenden Gesprächs am Lagerfeuer konnte ich den nächtlichen Fackelzug hören, die knisternde Stimmung ist über die Häuser rübergeschwappt. Ich saß da, wehmütig aber auch erfreut dies aus einer entfernten Perspektive wahrzunehmen und mit einer unglaublichen Vorfreude mich am nächsten Tag ins Kostüm zu werfen und auf den Marktplatz zu eilen. Genau das macht Vereinsliebe für mich aus. Voll (Vor-)Freude mitmischen und als Teil der Gruppe eine bunte Zeit erleben zu dürfen. Ich wünsche uns allen ein wunderbares Wallenstein. Wir sehen uns am Marktplatz. 😀
Eva Mikeska lebt in der Stadt, die sie liebt: in Altdorf b. Nürnberg. Außerdem liebt sie das Schreiben und das Lesen und veröffentlicht hier großartigerweise ihre Kolumne Marktplatzgeflüster.
Ihr erreicht sie bei Ideen, Anregungen und Fragen unter hallo@evamikeska.de und bei Instagram.

Ich finde diese Idee schön und der Text ist schön geschrieben !